Portraits

Freiwillige im Einsatz

Schützend und geschützt im Einsatz (Teil 2)

Tel 143 – Die Dargebotene Hand, nimmt schweizweit an 365 Tagen Anrufe von Menschen in Krisen und mit alltäglichen Sorgen entgegen. Eva Müller (Name anonymisiert) ist pensionierte Gesprächs- und Körpertherapeutin und seit drei Jahren freiwillige Beraterin beim Tel 143: «In meiner Praxis begleitete ich Klienten über einen längeren Zeitraum, hier ist die Zeit bemessen» erklärt Eva Müller, «Nur selten, spreche ich ein zweites Mal mit der gleichen Person. In der verfügbaren Zeit versuche ich, aufgewühlte Anrufende zu beruhigen und etwas Klarheit in ihr Gedankenkarussell zu bringen. Verletzlichkeit und Schutz der Anrufenden erhalten so eine andere Bedeutung.» In der neunmonatigen Ausbildung werden die Freiwilligen sorgfältig auf die Einsätze vorbereitet, und regelmässige Weiterbildungen und Fachgespräche stützen die Freiwilligen. «Ich fühle mich gut aufgehoben. In den Gesprächen kann ich schwierige Situationen reflektieren, etwa wenn ich denke ich hätte besser oder anders reagieren können oder bei Beschimpfungen.» Das komme vor, wenn Anrufende sich nicht ernst genommen fühlen. Meditation und eine Prise Humor verschreibt sich Eva Müller für das eigene Wohlsein.

HEKS Neue Gärten Bern, ist seit rund sechs Jahren der Wirkungsort von Verena Aeschlimann. Menschen mit Fluchthintergrund treffen sich einmal pro Woche im Familiengarten. Sie werden von Fachpersonen und Freiwilligen in der biologischen Gartenarbeit und in Alltagsfragen begleitet. «Präsent sein ist dabei das Wichtigste für mich», berichtet die Freiwillige, die gerne reist. Beim Entdecken der Welt, wuchsen ihr Interesse und ihr Verständnis für andere Kulturen. «Und viele meiner Freunde arbeiteten oder arbeiten noch in der Flüchtlingshilfe. Ich war bereits vor meinem Einsatz sensibilisiert und wusste, dass Verletzlichkeit ein wichtiges Thema ist.» Die Schulung der Freiwilligen und der regelmässige Austausch untereinander sei eine der vielen Stärken des HEKS Programmes. So ist Verena Aeschlimann kein Fall bekannt, wo die Würde oder der Schutz einer Person verletzt worden wäre. Nach der eigenen Verletzlichkeit befragt, antwortet sie: «Mich von Menschen und ihren Schicksalen berühren lassen ja, aber auch zu wissen ‹Ich als Verena kann nicht allen helfen› das hilft mir.».

Ob im Garten oder am Telefon, beide Frauen sind mit Herz und Kopf im Einsatz. Offen sein für andere Denkweisen und Lebensgestaltungen sowie Menschenliebe seien die Grundvoraussetzungen für ein gelingendes Engagement, darin sind sich Eva Müller und Verena Aeschlimann einig. Letztere empfiehlt zu klären, wie Freiwillige den Einsatz für HEKS Neue Gärten gestalten wollen. Hilft man seinen Gartenpartnern auch ausserhalb des Programmes? Es sei wichtig im Voraus eine Grenzen zu kennen und zu wahren. Eva Müller ermuntert alle Interessierten sich bei Tel143 zu melden und auszuprobieren, ob der Einsatz passt: «In jedem Leben geht es auf und ab. Wenn wir diese Tatsache anerkennen und dem Leben selbst mit Verständnis begegnen, verläuft die Fahrt müheloser.»

Text: Barbara Richiger, benevol Bern

Bild: HEKS Brigitte Denk