Portraits

Freiwillige im Einsatz

Zmittag bei Wind und Wetter

Die 73-jährige Anne-Marie Wenger engagiert sich für Mensch und Umwelt. Sie ist überaus fit und vielseitig. Das spiegelt sich auch in ­ihren freiwilligen Engagements wieder. Eines davon ist der Mahlzeitendienst im Telli Quartier in Aarau. 

Kannst du uns mehr über deine Aufgaben erzählen?
Einmal wöchentlich schnappe ich Velo und Anhänger und bringe in der Aarauer Telli vorbereitete Mahlzeiten zu Menschen, die aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität nicht in der Lage sind, selbstständig zu kochen oder einzukaufen. Velo und ­Anhänger stammen vom Gemeinschaftszentrum (GZ) Telli, welches das Projekt leitet und die Routen plant. Die Mahlzeiten selbst werden von der Küche der Berufsschule zubereitet, die ebenfalls im Quartier ansässig ist. Pro Tour versorge ich bis zu sieben Personen und bin so, je nach Wetterlage, etwa eine Stunde unterwegs. Manchmal nehme ich auch gleich die Bestellung für die nächste Woche entgegen und es bleibt stets noch etwas Zeit für ­einen Schwatz. Diese Interaktionen sind für mich besonders wertvoll. Am Schluss bringe ich die­­ leeren ­Behälter im Anhänger zurück zur Berufsschule und das Velo ins GZ.


Wie kamst du zu deinem Engagement?
Das war eher zufällig. Während der Corona-Pandemie stiess ich auf einen Aufruf in der Quartierzeitung Telli-Post, in dem Freiwillige für den Mahlzeitendienst gesucht wurden. Da einige meiner ­anderen ehrenamtlichen Aktivitäten zu dieser Zeit ausgesetzt waren und ich ein grosser Velofan bin, fühlte ich mich sofort angesprochen.


Wer sind die Nutzniessenden des Mahlzeitendienstes?
Die Bandbreite ist vielfältig. Es können Menschen sein, die sich beispielsweise verletzt haben oder Personen, die nach einem Krankenhausaufenthalt Unterstützung benötigen. Vor allem sind es ältere Menschen. Zu den Senioren habe ich eine besondere Verbindung. Mein Vater war lange Zeit pflegebedürftig und ich besuchte ihn oft im Pflegeheim. Dieses Umfeld hat mich stark geprägt und ich stellte fest, wie sehr mich ältere Menschen inspirieren. Daher orientierte ich mich mit 60 Jahren nochmals beruflich neu und absolvierte den Rotkreuz-Pflegehelfer:innenkurs. Anschliessend habe ich noch fünf Jahre als Pflegehilfe im Altersheim Golatti in Aarau gearbeitet.


Engagierst du dich noch anderswo?
Ja, ich bin in mehreren Bereichen freiwillig aktiv. Im Alters- und Pflegeheim Golatti begleite ich Bewohner:innen und beim Besuchsdienst des Roten Kreuzes mache ich jede Woche einen Spaziergang mit einer älteren Dame. Ausserdem bin ich in einem Projekt für betreute Ferien für Senioren involviert und leite ab und zu die SAC-Seniorenwandergruppe. Ich begleite auch einen jungen Geflüchteten aus Afghanistan. In den 70er-Jahren bin ich in den Iran gereist, wo ich zwei Jahre als Englischlehrerin ­tätig war. Später ging es über Afghanistan weiter nach Indien. Daher habe ich zu Afghanistan und dessen Bevölkerung einen besonderen Bezug. Als Mitglied des Natur- und Vogelschutzvereins bin ich jeweils im Herbst bei Reservatspflege-Einsätzen dabei und seit kurzem bei den Aarauer Rangern, wo wir Neophyten bekämpfen. Die Natur liegt mir, ­genauso wie die Menschen, sehr am Herzen.


Ein beeindruckendes Spektrum an Aktivitäten. Was gefällt dir besonders gut?

Seit 34 Jahren lebe ich in der Telli und bin jahrelang für meine Arbeit nach Biel gependelt. Daher hatte ich nicht sehr viel Bezug zur näheren Umgebung. Ich plante, mich im Quartier zu engagieren, wenn mein Radius etwas kleiner würde. Ohne die Pandemie hätte ich erst später damit angefangen. Ich ­bereite anderen gerne eine Freude, habe Spass am Velofahren und es ist schön, für die Zukunft ein Netzwerk zu haben. Ich hatte viel Glück in meinem Leben und will etwas zurückgeben.
 

Dieses Portrait ist in unserem Magazin benevol Nachrichten mit dem Titel «Essen verbindet» erschienen.  

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