Von zu Hause um die Welt

Kulturelle Einblicke, andere Lebensweisen kennenlernen und Reisen, ohne dabei die Schweiz zu verlassen: Familie Jäggi aus ­Zofingen macht das gerade zum dritten Mal – als Gastfamilie der 18-jährigen Mailänderin Matilde. 

Wer wohnt bei euch alles unter einem Dach?
Valeria: Hier im Haus lebe ich mit meinen Eltern ­Bruno und Eva, Matilde aus Mailand, zwei Katzen und einem Hund. Meine Schwester Lorena befindet sich momentan im Austauschjahr an einer Uni in Kolumbien. Vorübergehend wohnt daher auch ein ehemaliger Lernender meines Vaters bei uns. Hier gehen stets viele Leute ein und aus – bei uns ist immer ­etwas los!

Wie kam es dazu, dass ihr Gastfamilie wurdet?

Valeria: Ich war vor fünf Jahren mit AFS Intercultural Programs für sechs Monate im Austausch in den USA. Gleichzeitig war Maria aus Chile für ein Jahr bei uns zu Hause. Nach meiner Rückkehr hatten wir also noch ein gemeinsames halbes Jahr, in dem ich sie auch kennenlernen durfte. Wir sind einander ans Herz gewachsen und bis heute in intensivem Kontakt. Im Sommer werden wir sie in Chile besuchen, darauf freue ich mich sehr!


Wie ist es Gastfamilie zu sein?
Bruno: Die Austauschschülerinnen sind wie ein neues Familienmitglied. Sie wohnen und essen bei uns und wir schauen, dass auch rundherum alles funktioniert. Mit der Schule, dem Schulweg, dem Velo und den Ämtli zu Hause. Dabei übernehmen wir auch die alltäglichen Kosten. Matilde war sogar mit der ganzen Familie in den Ferien in der Dominikanischen Republik. Den Flug musste sie aber selbst bezahlen. Gastfamilie zu sein erfordert viel Zeit und Geduld, aber der interkulturelle Austausch ist eine Bereicherung für beide Seiten. Wir bleiben auch nach der gemeinsamen Zeit meist in Kontakt mit unseren Gasttöchtern.

Was motiviert euch?

Valeria: Ich möchte etwas zurückgeben, weil ich damals in die USA reisen konnte. Immer weniger ­Familien engagieren sich, da es auch finanziell ein Hindernis sein kann. Nicht alle interessierten Schüler:innen können einen Austausch machen, weil nicht genügend Familien gefunden werden. Daher werden wir immer wieder angefragt. Wir haben ­eigene Pläne auch schon geändert, um Leute aufzunehmen.

Bruno: Es macht mir Spass mit diesen jungen Leuten über Gott und die Welt zu reden, hiesige ­Lebensweisen weiterzugeben und gegenseitig den Horizont zu erweitern. Wir sind gerne in Gesellschaft und so wird uns garantiert nie langweilig! Das Leben hat mir auch selbst viel geschenkt und ­darum mache ich das, solange es für mich stimmt. Im Leben muss nicht alles finanziell rentieren.

Matilde, wie erlebst du dein Austauschjahr?
Matilde: (in fliessendem Deutsch) Es ist toll hier zu sein! Wenn ich Fragen oder Schwierigkeiten habe, erhalte ich immer Antworten und Unterstützung. Mir wird zugehört und wir können uns gut unterhalten. Es ist wie in einer richtigen Familie, mit den dazugehörigen Hochs und Tiefs.


Wie werden Gastfamilien begleitet?
Bruno: Da wir nun seit ein paar Jahren Gastfamilie sind, haben wir eine reichhaltige Erfahrung und nehmen die Angebote von AFS nicht mehr in Anspruch. Wir haben aber eine Kontaktperson, die uns und das Gastkind bei Fragen betreut. Bevor wir damals ausgewählt wurden, führten sie vorab ein ­Interview mit uns. Danach nahmen wir an einem Einführungsanlass teil. Es gäbe zudem Treffen für den Austausch mit anderen Gastfamilien.

Engagiert ihr euch noch anderswo?
Valeria: Austauschschüler:innen haben jeweils eine zusätzliche Vertrauensperson ausserhalb der Gastfamilie. Diese Aufgabe habe ich nach meinem USA-Aufenthalt drei Jahre lang übernommen.

Die Familienmitglieder erzählen von ihren Engagements in der Jugendarbeit, Unterstützung bei Steuererklärungen oder im Tierschutz. Eva winkt auch noch kurz in die Kamera. Sie stammt ursprünglich aus der Dominikanischen Republik und hat in Zofingen über viele Jahre einen Integrationsverein geleitet.

Was möchtet ihr noch sagen?
Valeria: Es gibt viele Menschen, die in ihren Häusern übermässig Platz haben und vielleicht sogar einsam sind. Gastgeber:in zu sein würde ihnen ­guttun – es könnte sogar ihr Leben verändern!

Bruno: Viele Leute haben keine offenen Türen. ­Dabei wäre es eine Bereicherung in Kontakt mit anderen Kulturen zu kommen. Gastfamilie zu sein ist eine Erfahrung fürs Leben, auch wenn man es nur einmal macht.


AFS Intercultural Programs sucht nach neuen Gastfamilien. Ob alleinerziehend, mit oder ohne Kinder, ob verheiratet oder alleinstehend, die Familienstruktur ist nicht entscheidend. Viel wichtiger ist das Interesse an einer anderen Kultur und die Bereitschaft, einen jungen Menschen in der Schweiz willkommen zu heissen. Zudem gibt es viele andere Projekte, in denen Jugendliche sich engagieren können, zum Beispiel als Austauschperson zwischen Gastfamilie und Gastschüler:in oder in der Planung und Organisation von Veranstaltungen und Weiterbildungen. Bei einem gründlichen Beratungsgespräch klärst du zusammen mit AFS, wie sie dich anhand deiner Interessen und Fähigkeiten am besten einsetzen können.

www.afs.ch